Wie Sie Ihre Knochendichte durch ein gezieltes Osteoporosetraining verbessern

„Viel Training hilft viel” | Von Knochenqualität, Astronauten und Training

Gesunde, starke Knochen, ein Leben lang – neben einer ausgewogenen, kalziumreichen Ernährung, Sonne und Vitamin D ist ein regelmäßiges Krafttraining sinnvoll. Dieses darf gern intensiv sein; Studien attestieren einer hohen Trainingsintensität bessere Effekte auf die Knochendichte als „gemütlichem“ Training.

Knochen lieben Belastung

Körperliche Belastung ist ein notwendiger Reiz zum Erhalt gesunder Knochen. So konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass Läufer über eine bessere Knochenmineraldichte verfügen als inaktive Personen (1).

Die Knochenstruktur ist abhängig davon, wie wir unseren Körper benutzen, denn Knochen reagieren auf Belastung mit einer Anpassungsreaktion: Durch erhöhte Belastung verändert sich die Architektur der Knochenbälkchen (Trabekel), der Knochen wird stabiler.

Denken Sie nur an den gegenteiligen Fall: völlige Schwerelosigkeit im Weltraum. Astronauten sind keiner Schwerkraft ausgesetzt, der wichtige Belastungsreiz für die Knochen fehlt, nach der Rückkehr zur Erde weisen Astronauten Zeichen einer Osteoporose auf …

Osteoporose und Training

Osteoporose ist eine chronische Erkrankung des Skelettsystems. Das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und -abbau ist gestört. In der Folge kommt es zum „Knochenschwund“, die Knochenmasse nimmt ab, die Knochenqualität wird schlechter. Laut des Dachverbandes der Osteoporose-Selbsthilfegruppen sind sechs Millionen Menschen in Deutschland betroffen (2). Es gibt viele Studien über Osteoporose bei Frauen nach der Menopause (Wechseljahren). Das hat damit zu tun, dass die Wechseljahre mit einschneidenden hormonellen Veränderungen einhergehen, die eine Osteoporose begünstigen. Gerade für Menschen mit Osteoporose oder Osteopenie (Vorstufe der Osteoporose) ist Training elementar wichtig. Eine Literaturübersicht der renommierten Cochrane-Datenbank fasst die Ergebnisse von über 40 hochwertigen Studien zusammen: Krafttraining verbessert die Knochendichte im Bereich des Oberschenkelhalses und der Wirbelsäule bei postmenopausalen Frauen signifikant im Vergleich zu keinem Training (3).

Booster für die Knochengesundheit:
Die Intensität ist entscheidend

Ist jedes Training gleichermaßen effektiv für die Knochengesundheit?

Hier gibt es tatsächlich Unterschiede.
Empfohlen wird ein hochintensives Training (4, 5), das auch Stoß- und Impulsbelastungen enthalten sollte.


In einer interessanten Studie wurden postmenopausale Frauen in zwei Gruppen aufgeteilt: Beide absolvierten Gymnastik und Krafttraining, letzteres bei Intensitäten zwischen 70 % und rund 90 % des Einwiederholungsmaximums (siehe Infokasten). Der Ablauf des Krafttrainings unterschied sich zwischen den Gruppen. Während eine Gruppe die Übungen in einem gleichmäßigen Tempo durchführte, machte die andere Gruppe ein sogenanntes „Powertraining“: Der Hinweg der Bewegung (konzentrische Phase) sollte schnell durchgeführt werden, der Rückweg langsam. Die Patienten der „Powergruppe“ erreichten eine bessere Knochenmineraldichte als die konventionell Trainierenden (6).

Einwiederholungsmaximum:
…ist die maximale Last, die Sie genau ein Mal in korrekter Durchführung bewegen können (denken Sie ans olympische Gewichtheben). Das Trainingsgewicht wird häufig als Prozentanteil des Einwiederholungsmaximums angegeben, z. B. 80 %.
Oberschenkelhals profitiert mehr als Wirbelsäule

Die Effekte von Training auf den Femurhals (also das obere Ende des Oberschenkelknochens) scheinen größer zu sein, als auf die Wirbelsäule.
So fasste eine Studie acht Arbeiten mit insgesamt knapp 800 gesunden Männern im Alter von 50 Jahren oder älter zusammen, die über sechs Monate trainierten. In drei Studien gab es positive Effekte auf den Femurhals, die Auswirkungen auf die Lendenwirbelsäule waren weniger eindeutig (7). Auch vom Springen, eine weitere Stoß- und Impulsbelastung, profitiert der Oberschenkelhals offenbar mehr als die LWS (8).

Wie aber kann die Knochendichte der Wirbelsäule gezielt verbessert werden? 

Indem Sie eine Schippe drauflegen. Im Hinblick auf die Knochendichte an der LWS scheinen hohe Intensitäten einem moderatintensiven Training überlegen zu sein (4, 5).

Prävention von Stürzen

Die Anzahl von Stürzen und Frakturen (Knochenbrüchen) verringert sich durch Krafttraining leider nicht automatisch, trotz verbesserter Knochendichte (9). Ergänzend sind daher koordinative Übungen, auch als Heimübungsprogramm, sinnvoll, die die Gleichgewichtsfähigkeit verbessern. Bei Bedarf sollten Veränderungen im häuslichen Umfeld vorgenommen werden, um potentielle Stolperstellen zu identifizieren und Abhilfe zu schaffen (10).

Wackeln, Schütteln, Vibrieren

Viele interessieren sich auch für den Effekt eines Trainings auf Ganzkörpervibrationsplatten auf die Knochenqualität.
Eine Übersichtsarbeit aus der Schweiz mit rund 370 postmenopausalen Frauen liefert hier ermutigende Ergebnisse. So führte das Vibrationstraining neben einer Verbesserung der Knochendichte auch zu mehr Muskelkraft (11).

Schwimmen für die Knochen?

Schwimmen und Wassergymnastik haben viele positive gesundheitliche Auswirkungen. Für die Kräftigung Ihrer Knochen sind diese Aktivitäten allerdings nicht die erste Wahl, da durch den Auftrieb im Wasser keine Druck- oder Stoßbelastungen auf das Skelettsystem einwirken. Ein nachteiliger Effekt für Ihre Knochen ist nicht zu erwarten, aber Schwimmen verbessert die Knochendichte eben auch nicht (12).

Dranbleiben!

Sie haben es sich schon gedacht: Auch zum Erhalt der Knochendichte ist das Motto: „Dranbleiben“. Dies wird durch folgende Studie illustriert: Ältere Frauen mit Osteoporose wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe trainierte nicht, die zweite trainierte zwei Jahre lang durchgehend und die dritte Gruppe trainierte das erste Jahr, das zweite allerdings nicht mehr – Fazit: Die positiven Effekte auf die Knochendichte gehen verloren, wenn man wieder aufhört zu trainieren (13)!!

Mehr Information:

Unter den Schlagwörtern: „Osteoporose” und „Knochendichte” finden Sie auf unserem Blog viele weitere informative Beiträge zu diesem Thema.

Auf unserer Homepage können Sie sich über unsere Osteologiesprechstunde erkundigen.

Oder Sie wenden sich an das Institut für Osteologie und Biomechanik am Universitätskrankenhaus in Hamburg-Eppendorf (UKE), mit dem wir eine intensive Zusammenarbeit pflegen.


Literaturverzeichnis

(1) Velez NF, Zhang A, Stone B, Perera S, Miller M, et al. 2008. The effect of moderate impact exercise on skeletal integrity in master athletes. Osteoporos Int. 19, 10:1457-64

(2) Weichselgartner H. 2021. Was ist Knochenqualität?Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband e. V. https://www.osd-ev.org/osteoporose/bni/was-ist-knochenqualitaet/ (Zugriff am 28.7.2021)

(3) Howe TE, Shea B, Dawson LJ, Downie F, Murray A, et al. 2011. Exercise for preventing and treating osteoporosis in postmenopausal women. Cochrane Database Syst Rev. Jul 6;(7):CD000333

(4) Kistler-Fischbacher M, Weeks BK, Beck BR. 2021. The effect of exercise intensity on bone in postmenopausal women (part 1): a systematic review. Bone 143:115696

(5) Kistler-Fischbacher M, Weeks BK, Beck BR. 2021. The effect of exercise intensity on bone in postmenopausal women (part 2): a meta-analysis. Bone. 143:115697

(6) von Stengel S, Kemmler W, Kalender WA, Engelke K, Lauber D. 2007. Differential effects of strength versus power training on bone mineral density in postmenopausal women: a 2-year longitudinal study. Br J Sports Med. 41, 10:649-55

(7) Kemmler W, Shojaa M, Kohl M, von Stengel S. 2018. Exercise effects on bone mineral density in older men: a systematic review with special emphasis on study interventions. Osteoporos Int. 29, 7:1493-1504

(8) Zhao R, Zhao M, Zhang L. 2014. Efficiency of jumping exercise in improving bone mineral density among premenopausal women: a meta-analysis. Sports Med 44, 10:1393-402

(9) Rodrigues IB, Ponzano M, Hosseini Z, Thabane L, Chilibeck PD, et al. 2021. The Effect of Impact Exercise (Alone or Multicomponent Intervention) on Health-Related Outcomes in Individuals at Risk of Fractures: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Sports Med. 51, 6:1273-92

(10) Gillespie LD, Robertson MC, Gillespie WJ, Sherrington C, Gates S, et al. 2012. Interventions for preventing falls in older people living in the community. Cochrane Database Syst. 9: CD007146.

(11) Calendo LR, Taeymans J, Rogan S. 2014. Does muscle activation during whole-body vibration induce bone density improvement in postmenopausal women? A systematic review. Sportverletz. Sportschaden. 28, 3:125-31

(12) Gómez-Bruton A, Gónzalez-Agüero A, Gómez-Cabello A, Casajús JA, Vicente-Rodríguez G. 2013. Is bone tissue really affected by swimming? A systematic review. PLoS One. 8, 8:e70119

(13) Iwamoto J, Takeda T, Ichimura S. 2001. Effect of exercise training and detraining on bone mineral density in postmenopausal women with osteoporosis. J Orthop Sci. 6, 2:128-32

Vielen Dank an Herrn Prof. Dr. Andreas Roth, Uniklinikum Leipzig, für die freundliche Bereitstellung einer Literaturliste.

Autor: Anna Palisi

Die Physiotherapeutin Anna Palisi verfügt über 11 Jahre Berufserfahrung und arbeitet seit 2017 im Rückenzentrum Am Michel. Aktuell lässt sie sich zur CRAFTA-Therapeutin (Cranio Facial Therapy Academy) ausbilden.

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