Der Rücken ist die Achillesferse der Topathleten

Im Rückenzentrum überprüfen Sport- und Physiotherapeuten sowie Orthopäden gemeinsam den aktuellen Leistungsstand von Sportlern, deren individuelle Ziele und die dafür notwendigen Maßnahmen: „Wir führen Ausdauer- und Krafttests durch, prüfen die koordinative Leistungsfähigkeit und die sportartspezifischen Bewegungsabläufe. Im Anschluss werden die entdeckten Defizite Stück für Stück abgebaut und die sportliche Leistungsfähigkeit deutlich verbessert.“

Nach einer aktuellen Studie [1] sind Rückenschmerzen im Leistungssport aufgrund der hohen Beanspruchung des Rumpfes sehr häufig, unabhängig von der Sportart oder der Altersstruktur. Jeder zehnte deutsche Topathlet gab an, von Rückenschmerzen betroffen zu sein, besonders im Bereich der Lendenwirbelsäule.

Der Rücken ist die Achillesferse bei Elitesportlern

Die Studie zeigte weiterhin, dass Rückenprobleme schon früh in der Sportlerkarriere auftreten. Langes Sitzen in der Schule oder Intensivtraining im Kraftraum verschlimmern wider Erwarten die Beschwerden keineswegs.

Warum das so ist, gilt es durch eine differenzierte Untersuchung herauszufinden.

Der Leistungssportnachwuchs ist durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet:

  • biologische Reifungsprozesse einschließlich hormoneller Veränderungen
  • körperliches Wachstum und sich dadurch verändernde Hebelverhältnisse
  • wechselndes Verhalten des Körpers auf Belastungen.

Die Beanspruchung im Leistungssport hat sich in den letzten Jahren enorm verändert, er ist schneller und athletischer geworden. Veränderte Wettkampfanforderungen haben Konsequenzen in der Trainingsgestaltung, der Belastbarkeitssicherung und der Verletzungsprophylaxe im Nachwuchsleistungssport.

Dies betrifft insbesondere den Rumpf. Um eine hohe Beanspruchbarkeit des Rumpfes bei definierten Belastungsreizen zu sichern und zu entwickeln, sind eine wissenschaftlich fundierte und abgesicherte Diagnostik, Beratung und Betreuung bezüglich kurz-, mittel- und langfristiger Anpassungsprozesse und –grenzen notwendig.

Warum ist der Rumpf das zentrale Element?

Stabilität im Rumpf hat für die Übertragung von Kräften, gerade im Sport, eine zentrale Bedeutung. Sie wird durch Muskelgruppen, die auch der Aufrichtung des Körpers dienen, erreicht. Vor allem im Sport übernehmen sie darüber hinaus eine Schutzfunktion für die Wirbelsäule und sind ein Element der Verletzungsprophylaxe.

Das Training der Rumpfmuskulatur trägt somit auch zur Verletzungsprophylaxe bei.

Des Weiteren ist ein Großteil der Extremitätenmuskulatur am Rumpf verankert. Bewegungen der Arme und/oder Beine führen zu einer verstärkten Anspannung der Rumpfmuskulatur. Ist diese zu schwach ausgebildet, kommt es zu Instabilitäten im Rumpf, die die Bewegungsausführung behindern können. Ein stabiles, zugleich aber auch mobiles muskuläres Korsett des Rumpfes, übernimmt also, unabhängig von der Sportart, nicht nur eine Stützfunktion, sondern hat auch einen bedeutenden Anteil an der Kraftübertragung und an der Bewegungssteuerung (besonders bei Rotationsbewegungen). [2]

Fall-Beispiel:

Ein 17-jähriger Bundesliga –Nachwuchsfußballer hatte bei seiner typischen Schussbewegung einschießende und stechende Schmerzen im Lumbalbereich. Nach radiologischer Untersuchung und Ausschluss jeglicher Verletzungen an der Lendenwirbelsäule, wurde eine fachübergreifende Diagnostik durchgeführt:

  • Testung der neuromuskulären Aktivierung der myofascialen Ketten sowie der lokalen Stabilisatoren mit Hilfe des Schlingensystems (Neurac®)
©Rückenzentrum Am Michel
  • Testung der Beweglichkeit und Stabilität anhand einer Testbatterie (FMS)
©Rückenzentrum Am Michel
  • Maximalkrafttest der globalen Muskulatur der Lendenwirbelsäule in allen drei Bewegungsebenen.
Ergebnisse:
  • Die neuromuskuläre Aktivierung zeigte eine fehlerhafte Ansteuerung der lokalen Stabilisatoren (m. transversus abd./mm.mutifidii) sowie eine Kompensation der globalen Rückenstreckmuskulatur.
  • Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule war in Flexion deutlich eingeschränkt.
  • Im Krafttest zeigten sich überdurchschnittlich gute Kraftwerte im Rückenstrecker, dagegen aber stark defizitäre Kraftwerte in den Seitneigern und Rumpfdrehern (Frontal- und Transversalebene). 
©Rückenzentrum Am Michel
Therapie:

Die Behandlung fand über neun Wochen zweimal wöchentlich im Rückenzentrum Am Michel statt.
Zu Beginn standen die Bewegungskontrolle (Harmonisierung des ausgeprägten Extensionsmusters) und die lokalen Stabilisatoren im Lendenwirbelsäulenbereich im Fokus. Nachdem die Kontrolle und die Stabilisation in der Lendenwirbelsäule gegeben war, konnte damit begonnen werden, aktiver in der globalen Muskulatur zu arbeiten.
Der Fokus bestand hier in der Reaktivierung der seitlichen myofaszialen Kette. Diese ist verantwortlich dafür, das Becken, vor allem im Einbeinstand, zu stabilisieren – für einen Fußballer mit einer kraftvollen Schussbewegung also ein zentraler Faktor.

Zeitgleich wurde das muskuläre Kraftdefizit der Seitneiger und Rumpfdreher durch ein isoliertes Hypertrophietraining an speziellen Rumpfgeräten ausgeglichen.

©Rückenzentrum Am Michel
©Rückenzentrum Am Michel

 

 

 

 

 

 

Nach jeder Einheit wurde dem Trainer und Physiotherapeuten des Spielers eine Rückmeldung über die Belastungsintensität gegeben. So konnte das sportartspezifische Training entsprechend angepasst und eine Überbelastung ausgeschlossen werden. Damit konnte eine schnelle Wiederherstellung erfolgen.

Am Ende der Therapie konnte der Sportler seine Schussbewegung wieder schmerzfrei ausführen und kehrte als Stammspieler in die Mannschaft zurück. Sein individuelles Trainingsprogramm führte er weiterhin, eingebettet in sein sportartspezifisches Training, als Athletiktraining im Verein durch.

Fazit:

Eine kräftige Beinmuskulatur kann nur dann gezielt eingesetzt werden, wenn der Rumpf als zentrales Element ein entsprechendes Widerlager darstellt. Daher ist das Training der sogenannten Rumpfstabilität (core stability) heutzutage ein fester Bestandteil im Training von internationalen Topteams. Ein Missverhältnis der beiden Teilsysteme Rumpf und Beine ist in etwa so, als würde man in einen Oldtimer einen Porsche Motor einbauen und sich wundern, warum man in schnellen Kurven die Kontrolle verliert oder beim Beschleunigen die Reifen durchdrehen.

Lassen Sie sich von uns beraten!

Sowohl Leistungs- als auch Freizeitsportler finden im Rückenzentrum Am Michel eine umfassende orthopädische Beratung, um beste Voraussetzungen für ein gesundes und effektives Training zu schaffen.


[1] (Schulz, S., Büttner-Janz: Severe back pain in elite athletes: a cross-sectional study on 929 top athletes of Germany, 2016)

[2] (Ribbecke, T.: Core Stability – Modebegriff oder mehr, 2012)

Autor: Claudia Teichmann

Als Diplom Sportlehrerin seit vielen Jahren im Rückenzentrum Am Michel tätig. Leitet seit 2015 das BackUp, das medizinische Trainingszentrum in Hamburg.

2 Gedanken zu „Der Rücken ist die Achillesferse der Topathleten“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert