Kopf hoch!

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Der Wunsch, ständig erreichbar zu sein und die guten Möglichkeiten, das Internet auch außerhalb der eigenen Wohnung zu nutzen, führen auf den Straßen, und insbesondere im öffentlichen Nahverkehr, zu vielen Begegnungen mit gesenktem Haupt. Viele schauen nur auf das Handy und kaum noch auf ihre Mitmenschen.
Neben unliebsamen Beinahe-Zusammenstößen kommt es dadurch aber auch häufig zu Schmerzen im Nacken, zum Teil in Verbindung mit Kopfschmerzen.

Häufige Fehlhaltungen belasten unseren Nacken bzw. unsere Halswirbelsäule in vielen Alltagssituationen stark. Nur allzu oft vernachlässigen wir unsere Haltung indem wir den Hals stark abknicken oder ihn unsanft verdrehen (z.B. beim Telefonieren, beim Lesen am Computer, beim Abstützen des Kinns usw.).

Dank der Halswirbelsäule haben wir den Überblick

Die Halswirbelsäule ermöglicht einen sehr großen Bewegungsradius und dank ihr können wir den Kopf ca. 90° nach rechts und nach links drehen. Kleine Gelenke an den Wirbelkörpern der Halswirbelsäule machen dies möglich. Das Ende der Bewegung wird durch die Gelenkkapseln und die zwischen den Halswirbelkörpern liegenden Bänder gesichert. Dabei wirken die Bänder wie dicke Gummibänder, während die Muskulatur die aktive und bewusste Bewegung ermöglicht. Darüber hinaus liegen in den Gelenkkapseln, den Bändern und auch der Muskulatur eine Reihe von Messfühlern (Rezeptoren), die ständig an das Gehirn Information, z.B. über die Stellung des Kopfes im Raum oder die Spannung in der Muskulatur, liefern.

Der „Handynacken“
Eine typische Haltung beim Blick auf das Handy

In der Handyposition, mit weit nach vorn gebeugter Halswirbelsäule und hängendem Kopf, befinden sich die kleinen Gelenke zwischen den Wirbelkörpern in einer Endposition und die Gelenkkapseln, wie auch die Bänder und die Muskulatur, sind gespannt. In diesem Moment wirken auf die Halswirbelsäule immense Kräfte (bis zu 27 kg, ca. 5 kg sind bei aufgerichteter Haltung normal ¹); für die Muskulatur bedeutet das Schwerstarbeit.
Da darüber hinaus noch häufig der Trainingszustand der Halswirbelsäulenmuskulatur schlecht ist, kann sie diese Arbeit nicht ausreichend lange verrichten und ermüdet und verkrampft bereits nach kurzer Zeit.

Die Verspannung der Halswirbelsäulen- und auch der Schulter-Nackenmuskulatur erklärt einen Teil der Nackenschmerzen

Kommt es außerdem zu einer deutlichen Spannungszunahme im Bereich der oberen kurzen Nackenmuskeln, die am Hinterkopf ansetzen, kann sich hieraus auch ein Spannungskopfschmerz entwickeln. (Siehe dazu auch unseren Beitrag von Dr. Kay Niemier: Spannungskopfschmerzen: Ursache und erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten).

Ein weiterer Schmerzanteil entsteht durch die in dieser Position ständig gedehnten Gelenkkapseln und Bänder zwischen den Wirbelkörpern.

Was hilft gegen Nackenschmerzen?
Bewusst auf seine Haltung zu achten und stets um Aufrichtung bemüht zu sein (chin-in (amerik.) Kinn in Richtung Kehlkopf), trägt zur Gesunderhaltung unserer Wirbelsäule bei. Nur eine starke Muskulatur ist in der Lage, die Wirbelsäule angemessen zu schützen. 
Daher müssen diese Muskeln regelmäßig gedehnt und gekräftigt werden.

Wenn der Nacken bereits schmerzt, ist eine Haltungskorrektur (Oberkörperaufrichtung, Rückführung der Schultergelenke und der Schulterblätter sowie Aufrichtung der Halswirbelsäule und des Kopfes) in Kombination mit einer Kräftigung der rückwärtigen Schulter- und Schultergürtelmuskulatur sehr hilfreich. Sofern das Aufrichten und die Haltungskorrektur ²) zu Beginn des Trainings schwer fallen, sollte auch eine intensive Dehnungsbehandlung der vorderen Brustmuskulatur erfolgen.

Verschwinden die Beschwerden durch die Übungen nicht, sollte ein Arzt die Halswirbelsäule untersuchen. Für den Fall, dass Funktionsstörungen diagnostiziert werden, empfehle ich meinen Patienten eine physiotherapeutische Behandlung. Röntgenbilder oder auch Kernspintomographien sind meist nicht erforderlich.

Welche Präventivmaßnahmen sind bei Nackenschmerzen empfehlenswert?

Konnte der schmerzende Nacken erfolgreich behandelt werden, ist ein konsequentes Folgetraining zur Vorbeugung und zum Erhalt der Kraft und der Ausdauer der aufrichtenden Muskulatur im Bereich der Halswirbelsäule und Schultern unbedingt einzuhalten.

Beim Blick auf das Handy sollte darüber hinaus häufiger die Position gewechselt, zwischendrin immer mal wieder in die Ferne geschaut (chin-in) und durchgehend an die Aufrichtung gedacht werden. Wer ein Tablet benutzt, hat ferner die Möglichkeit, dieses wie ein Laptop aufzustellen.

Am besten fangen Sie gleich mit unseren speziellen Mobilisations- und Dehnungsübungen an. 

Übungen von unseren Experten bei Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich


¹) Studie aus 2014 von Dr. Kenneth K. Hansraj, New Yorker Klinikum für Wirbelsäulenchirurgie und Rehabilitation

²) Siehe hierzu auch Die für die Wirbelsäule physiologisch optimale Position im Stand.

 

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Autor: Dr. Joachim Mallwitz

Facharzt für Orthopädie und Physiotherapeut. Leiter des Rückenzentrum Am Michel seit 2001.

2 Gedanken zu „Kopf hoch!“

  1. Ich finde, Sie haben es sehr anschaulich erklärt, wie die Bänder bei den Bewegungen helfen. Ich glaube, meine sind langfristig überdehnt. Nun überlege ich, eine Schmerztherapie zu beginnen. Mit einfachen Übungen komme ich gerade nicht weiter.

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