Multimodale Schmerztherapie – Der Weg aus dem Schmerz.

von Dr. Joachim Mallwitz

Erinnern Sie sich eigentlich noch an die Ursache für Ihre Rückenschmerzen? Gut möglich, dass eine banale Muskelverspannung einmal der Auslöser war.
Aber wie lange ist das schon her? Irgendwann wurden die Schmerzen so stark, dass Bewegung weitestgehend vermieden wurde. Nur kein Risiko eingehen, es könnte womöglich noch mehr kaputt gehen.
Sensibilisiert für das Thema Rückenschmerzen erreichten Sie auf einmal von überall her zahlreiche Informationen. Doch Worte können uns sehr stark darin beeinflussen, wie wir Schmerzen wahrnehmen. Was wir lesen, hören und sehen geht nicht spurlos an uns vorbei. Die Bewertung von Schmerzen oder anderen körperlichen Symptomen findet im Gehirn statt. Und in diese Bewertung fließen auch Emotionen und Ängste mit ein. Das menschliche Schmerzempfinden ist stark manipulierbar.
Und je länger der Schmerz andauert, desto mehr nimmt die Verzweiflung zu, der Glaube an die Medizin nimmt ab, die Überzeugung, die Situation nicht mehr beeinflussen zu können, wächst, zusammen mit der Hilflosigkeit.

Doch niemand ist gezwungen, langanhaltend Rückenschmerzen zu ertragen. Es gibt Wege aus dem Schmerz.

Die multimodale Schmerztherapie

Rückenschmerzen, die länger als zwölf Wochen andauern, sind nicht einfach mit einer Spritze zu beheben. Zu vielfältig sind mittlerweile die Dimensionen der Schmerzen. Ein Fachmann allein wird Ihnen daher nicht helfen können.

Die Effektivität der multimodalen Schmerztherapie ist wissenschaftlich vielfach belegt und führt zu einer signifikanten Linderung der Schmerzsymptomatik. Diese Form der Behandlung schließt verschiedene Fachrichtungen ein, die gemeinsam an den Ursachen von chronischen Kreuzschmerzen und der Wiederherstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit arbeiten.
Ein eng aufeinander abgestimmtes Team bestehend aus Ärzten/ Schmerztherapeuten, Physio- und Sporttherapeuten, sowie Psychologen führt die Behandlung körperlich aktivierend unter verhaltenstherapeutischen Prinzipien durch.

  • Die Aufgabe des Arztes/ Schmerztherapeuten
    Der Arzt koordiniert das Team. Er klärt den Patienten über seine Schmerzerkrankung auf und steht ihm während der Therapie zur Seite, wobei er ihn auch hinsichtlich einer eventuell notwendigen medikamentösen Schmerzbehandlung berät.

Zusammen mit dem Team wird ein individueller, auf die Erfordernisse des Patienten ausgerichteter Therapieplan erstellt, der alle identifizierten Probleme und Schmerzfaktoren angeht.

  • Die Aufgabe der Sport- und Physiotherapeuten
    Der Physiotherapeut führt den Patienten wieder an körperliche Aktivitäten heran, wozu auch ein muskelaufbauendes Stabilisationstraining gehört. Die Bewältigung alltäglicher Bewegungsabläufe wird geübt und die Leistungsfähigkeit und Ausdauer werden verbessert.

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  • Die Aufgabe des Psychotherapeuten
    Alltagssituationen, sowohl im privaten als auch beruflichen Bereich, werden zusammen mit einem Psychologen auf ihre schmerz- als auch stressauslösenden sowie schmerzverstärkenden Bedingungen hin untersucht. Dabei gilt es, Vermeidungsverhalten schrittweise abzubauen und falschen Gedanken und Überzeugungen zu begegnen.

So kann es sein, dass der Schmerz unbewusst Funktionen übernommen hat, um z.B. Zuwendung zu bekommen oder als Möglichkeit genutzt wird, einer belastenden Situation zu entkommen. Im Laufe der Therapie werden diese Mechanismen aufgedeckt, so dass für solche Situationen der Schmerz nicht mehr benötigt wird und sie auf andere Weise gelöst werden können.

Wunderheilung gibt es nicht, aber der Schmerz geht definitiv im Laufe der Therapie zurück. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Patient sein Verhalten ändert, da lang anhaltende Rückenschmerzen nie allein nur körperliche, sondern immer auch seelische Ursachen haben.

Das Expertenteam hilft dem Patienten dabei: 

  • sich erreichbare Ziele zu stecken
  • schrittweise seine Aktivitäten wieder aufzunehmen
  • seinen Aktionsradius langsam wieder auszuweiten
  • und soziale Kontakte wieder zu intensivieren
  • Eigenverantwortung für die Wahrung der eigenen Gesundheit zu übernehmen
  • und Aktivität dauerhaft in seinen Alltag zu etablieren.

Was können Sie darüber hinaus tun?

Sie können sich selbst Mut machen und sich gut zureden. Zuversicht, Gelassenheit und Ruhe sind eine gute Botschaft. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit weg vom Schmerz hin zu neuen positiven Erfahrungen.

Und vergessen Sie nicht: Aktivität reduziert den Schmerz!

 

Autor: Dr. Joachim Mallwitz

Facharzt für Orthopädie und Physiotherapeut. Leiter des Rückenzentrum Am Michel seit 2001.

9 Gedanken zu „Multimodale Schmerztherapie – Der Weg aus dem Schmerz.“

  1. Hallo und danke für diesen interessanten Artikel. Meine Cousine leidet schon seit Jahren unter starken Rückenschmerzen und hat vieles versucht, aber nachhaltig hat noch nichts geholfen. Der psychotherapeutische Ansatz klingt sehr spannend, vor allem bei physischen Schmerzen. Vielleicht könnte das meiner Cousine auch helfen. Ich habe letztens auch von medikamentenfreier Schmerztherapie gehört, wie unterscheidet sich das von der multimodalen Therapie? VG Sophie

    1. Guten Tag Frau Gerber.
      Vielen Dank für Ihren Kommentar.
      Die multimodale Schmerztherapie ist insbesondere für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen das Mittel der Wahl und bewiesen wirksam. Sie kombiniert abgestimmt aufeinander verschiedene therapeutische Maßnahmen, wie z.B. die Bewegungstherapie und die Schmerzpsychotherapie mit ggf. einer medikamentösen oder infiltrativen Schmerztherapie. Hierbei spielt insbesondere die gemeinsame Festlegung realistischer und bedarfsabhängiger Therapieziele eine große Rolle.
      Da Ihre Cousine schon seit Jahren unter starken Rückenschmerzen leidet, würden wir ihr diese Therapieform sehr empfehlen.
      Zur weiteren Information lesen Sie bitte auch die Nationalen Versorgungs-Leitlinien Nicht-spezifischer Kreuzschmerz: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-007l_S3_Kreuzschmerz_2017-03.pdf
      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Joachim Mallwitz

  2. Interessant, ich hatte nie von einer solchen multimodalen Schmerztherapie gehört. Die Kooperation zwischen verschiedenen Fachrichtungen wird definitiv wirksam sein. Seit einiger Zeit leide ich unter chronischen Schmerzen und bin auf der Suche nach einer Lösung. Ich werde mich definitiv weiter darüber informieren!

  3. Gut zu wissen, dass die multimodale Schmerztherapie wissenschaftlich vielfach belegt ist. Der Einsatz von verschiedenen Fachrichtungen ist definitiv wichtig. Seit einiger Zeit leide ich unter chronischen Schmerzen und bin auf der Suche nach einer Lösung. Ich werde mich definitiv weiter darüber informieren!

  4. Danke für den informativen Beitrag zur multimodalen Schmerztherapie. Mein Onkel hat schon seit längerem mit chronischen Kreuzschmerzen zu kämpfen und wird sich demnächst auch einer Schmerztherapie unterziehen. Interessant, dass auch Psychotherapeuten in die Therapie einbezogen werden und eine etwaige unbewusste Funktion des Schmerzes aufdecken können.

  5. Danke für Ihren Artikel zum Thema multimodale Schmerztherapie. Seit einiger Zeit leide ich unter chronischen Schmerzen und bin auf der Suche nach einer Lösung. Gut zu wissen, dass die Effektivität der multimodalen Schmerztherapie wissenschaftlich vielfach belegt ist und zu einer signifikanten Linderung der Schmerzsymptomatik führt.

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